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Die initiative kritisches gedenken erlangen hat sich im Januar 2019 gegründet um das antisemitische Attentat auf Shlomo Lewin und Frida Poeschke aufzuarbeiten. Damit schließen wir an die Arbeit verschiedener Erlanger antifaschistischer Gruppen an, die seit 2011 jedes Jahr zum Jahrestag der Ermordung am 19. Dezember ein öffentliches Gedenken in der Erlanger Innenstadt veranstaltet haben. Auf diese Weise sollen Lewin und Poeschke erinnert und die Verhältnisse angeklagt werden, die sie zu Opfern gemacht haben, bis heute fortexistieren und auf das Vergessen drängen.

Wir wollen eben diese Verhältnisse aus verschiedenen Perspektiven kritisch beleuchten. Dazu gehört die Analyse historischer und aktueller Erscheinungsformen des modernen Antisemitismus, sowie rechter Strukturen, also der konkreten TäterInnen und UnterstützerInnen. Darüber hinaus die Auseinandersetzung mit staatlichen Strukturen und ihrer Beziehung zu den Geschehnissen, sowohl was die Interpretation, als auch was die Aufklärung der Tat betrifft. Außerdem die Kritik des offiziellen Gedenkens, das der kollektiven Selbstbestätigung verpflichtet ist.

Zusätzlich zur Organisation der jährlichen Gedenkveranstaltung in Erlangen werden wir die Ergebnisse unserer Arbeit in Form einer Broschüre, einer Website und einer Ausstellung dokumentieren und zusammenführen. Damit wollen wir dazu beitragen, den bis heute nicht vollständig aufgeklärten Fall auch überregional in Erinnerung zu rufen und der historisch-politischen Bildungsarbeit zugänglich zu machen.

Zu diesem Zweck haben wir ein Selbstverständnis ausgearbeitet, in dem wir darlegen, was wir unter kritischem Gedenken verstehen und wie sich unsere Praxis daraus ableitet. Eine zentraler Aspekt dieser theoretischen Grundlage ist, unsere eigene Praxis im Modus der kollektiven Selbstverunsicherung zu gestalten, der gegen die kollektive Selbstbestätigung offiziellen Gedenkens gerichtet ist. Wir werden deshalb unsere Positionen und Perspektiven immer wieder neu mit anderen Gruppen und Akteur*innen diskutieren und diese auch in anderen thematischen Kontexten und Debatten einbringen.